Die Ikone unserer Pfarreiengemeinschaft Freren – Vergegenwärtigung eines neuen Kirche-Seins
In den Arbeitskreisen vor Ort haben wir uns seit Oktober 2012 Gedanken über die Gemeindeentwicklung und dabei unsere Wünsche und Visionen formuliert. Dabei half uns unsere neue Ikone der Pfarreiengemeinschaft mit dem Motiv des Abendmahles und der Fußwaschung. Bevor wir unsere Gemeindesituation diskutierten und Visionen formulierten, beschäftigten wir uns mit einem Text aus dem Buch von M. Zulehner, Kirchenvisionen:
Die Kirche lebt seit Jahrhunderten. Das Leben des Menschen dagegen spielt sich zwischen Geburt und Tod ab. Unweigerlich strebt er dem Ende zu in der Hoffnung auf Vollendung in der Gemeinschaft mit Gott.
Damit eine Organisation wie die Kirche nicht stirbt, ist es nötig, dass sie sich immer wieder erneuert. Es kann ihr neues Leben „zugeführt“ werden. So durch die Stärkung an die Erinnerung, an den Beginn oder die Vision, die ihr zugrunde liegt.
Die Lebendigkeit einer Organisation ist selbst wie ein Lebenszyklus zu betrachten. Über Geburt, Jugend, Erwachsenenalter bis hin zum Alter. Kennzeichnend sind hier die Stadien: Reife – Aristokratie – Bürokratie- schließlich der Tod.
Wir müssen schmerzlich einsehen: Auch kirchliche Organisationen wie Gemeinden oder Orden können sterben.
Geboren werden Organisationen aus der Kraft der Vision. Jesus hatte die Vision vom Reich Gottes, seine Jünger waren eine Visionsgemeinschaft. Im Jugendalter der Katakombenkirche, sie wurde nun Staatskirche, wird aber schon eine Schwächung von Silvianus von Marseille (5. Jhdt.)beklagt:
„Du (die Kirche)hast über die ganze Welt hin die Glieder ausgesandt, die zwar dem Namen nach den Glauben haben, aber keine Glaubenskraft; und so begannst du reich zu werden an Scharen, aber arm an Glauben.“Dieser Zustand charakterisiert Großkirchen. Europa verdankt im Erwachsenenalter (seit dem Mittelalter)der Kirche die Verwaltung des Geldes und der Ländereien, den organisierten Dienst an die Kranken, Alten und Behinderten, den Einsatz für Benachteiligte…
Zu einer funktionierenden Gemeinschaft gehören: die Geburtsvision, Gemeinschaft, Programm und Administration. Diese reiben und entfalten sich. Die Stärke der Kirche ist dass sie an ihrer Geburtsvision, der Bibel, festhält. Das Altwerden einer Organisation beginnt, wenn die Kraft der Vision nachlässt.
Spüren wir davon etwas in unseren Gemeinden?
Brauchen wir ein Update von Vision und Programm?
Haben wir eine Visionsschwäche?
Suchen wir nach einer neuen unverbrauchten Kirchenvision um unser Gemeindeleben weiter zu entwickeln?
Eine unverbrauchte Kirchenvision, die unseren Gemeinden wieder Kraft zufließen lassen kann, ist das Abendmahl und die Fußwaschung. Szenen, die auf unserer Ikone zu finden sind.
„Das Abendmahl formt die am Tisch Versammelten zu einer Gemeinschaft. Indem sie vom gleichen Brot essen und aus demselben Kelch trinken, wachsen sie zusammen. Es macht die Geeinten untereinander zu Brüdern und Schwestern. Sie sind nicht nur blutsverwandt, sondern, indem sie sich Christus einverleiben, gottverwandt, was tiefer ist und machtvollere Auswirkungen hat. Zwei Momente sind bei der Eucharistie entscheidend: Die Wandlung formt eine Gemeinschaft eigener Art. Und sie formt das künftige Tun der Gewandelten. Wenn wirklich Wandlung am Sonntag geschieht, ist das Land am Montag anders…“
Die Fußwaschung fand vor dem Abendmahlsgeschehen am Gründonnerstag statt. Auf der Ikone sichtbar dargestellt durch Krug und Tuch, ist sie der Ausdruck der dienenden Hingabe und Liebe.
Ob also Wandlung geschieht, zeigt sich daran, ob wir die Feier als Fußwascher/Innen verlassen. Es wäre daher zu wenig, Gott zu bitten, die Gaben zu wandeln, uns aber in Ruhe zu lassen!
Wenn wir nicht in spiritueller Wellness verharren wollen, was ändert sich dann in unserem Leben und Tun, und dass der Gemeinde//Gemeinschaft, in der wir leben?
Wie sieht eine Praxis der Fußwaschung aus?
Benedikt XVI empfahl allen, die in diakonalen Diensten der Kirche tätig sind: Herzensbildung.
Ein mitfühlendes Herz, offene Ohren und Augen, ein wacher Verstand: das sind unverzichtbare Merkmale einer Spiritualität der Fußwaschung. Dazu kommen schließlich die engagierten Hände. Die Erinnerung an die Geburtsvision unverzichtbar. Wir nähren uns aus der Kraft des Beginns. Auch will der Mensch im Ehrenamt, besser ausgedrückt: der freitätige Mensch, ein nachhaltiges Gestalten. Folgenloses Beraten, Sitzungskatholizismus, das will heute kaum noch jemand mitmachen. Teamarbeit ist gefragt. Freitätigkeit in der Gemeinde ist eine Möglichkeit der Selbstverwirklichung, seine Begabungen zu erkennen, zu entfalten und in die Entwicklung der Gemeinschaft einzubringen.
Paulus beschreibt es so:
„Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. So hat Gott in der Kirche die einen als Apostel eingesetzt, die anderen als Propheten, die dritten als Lehrer; ferner verlieh er die Kraft Wunder zu tun, sodann die Gaben Krankheiten zu heilen, zu helfen, zu leiten.“
(1 Kor 12, 7.28)
(Diese Gedanken stammen in Auszügen aus dem Buch von M. Zulehner, Kirchenvisionen)
Geschöpft haben wir bei der Visionsentwicklung auch aus den Erfahrungen, die wir gemeinsam in den letzten Jahren in unseren Gemeinden und der Pfarreiengemeinschaft gemacht haben.
1. Die Pilgerfahrt nach Santiago (2010)
das Unterwegs sein als „Lebenserfahrung“
2. Die Weihnachtslandschaften in der Vituskirche (2011) :
STOP Komm zur Ruhe, halt ein!
LOOK Sieh dich um, schau dir dein Leben an!
LISTEN Lerne hören, um wieder hellhörig zu werden!
MAIN LINE Was ist die große Line für dein Leben, wo geht es lang?
3. Stationen: Die neuen sieben Barmherzigkeiten in sieben Kirchen (2012)
„Du gehörst dazu, ich höre dir zu, ich rede gut über dich, ich gehe ein Stück mit dir, ich teile mit dir, ich besuche dich, ich bete für dich: Diese Werke der Barmherzigkeit heute werden in den Kirchen zum Entdecken angeboten.
Sehen, hören, riechen, schmecken Sie. Und vor allem „hören Sie in Ihrem Herzen“. Das so „Gehörte“ will zum ansteckenden und ermutigenden Zeugnis für den Nächsten werden. Es muss zu einem „sprechenden Herzen“ werden. Lassen Sie sich ermutigen, als Christ in aller bescheidenen Eindeutigkeit einfach mitzuleben, liebend aufmerksam präsent zu sein.“ (H. Berentzen)
Unsere Gemeindevisionen sind nun nachfolgend aufgelistet. Sie sollen für unsere Weiterentwicklung als Fußwascher/Innen hilfreich sein und uns neue Lebendigkeit zuführen.
Gemeindevisionen der Arbeitskreise vor Ort
Ich wünsche mir für unsere Gemeinde, dass aus dem großen Zusammenhalt, der sich besonders in der tatkräftigen Unterstützung vieler Projekte und Aktionen zeigt, eine Gemeinschaft wird, in der der eine für den anderen da ist und in der jeder willkommen ist und angenommen wird.
Meine Vision wäre: über Gott und die Welt reden, mehr Gespräch, Begegnung, Spiritualität, sich öffnen,
weniger Aktionismus, aber aktives Gemeindeleben.
Ich träume von einer lebendigen Gemeinde, in der die Kirche im Mittelpunkt steht und nicht ins Abseits gerät. Ich fände es schön, wenn sich viele an dieser lebendigen Kirche einbringen, mit ihren verschiedensten Fähigkeiten und Möglichkeiten; manche Menschen mal mehr, manche mal weniger (durch eine Mitarbeit im Arbeitskreis sicher möglich).
Insgesamt sollte die Kirche aber auch an festen Traditionen festhalten (Feier der Erstkommunion), aber auch offen für „Neues“ (z.B. Wortgottesdienste) sein. Durch Projekte (Weihnachtslandschaften,
7 Werke der Barmherzigkeit) erreicht man sicher auch mal „kirchenferne“ Personen, die sich neu besinnen und vielleicht neu orientieren.
Für unsere Gemeinde wünsche ich mir insbesondere, dass sich wieder Frauen und Männer finden, die Familiengottesdienste vorbereiten, so Zeichen setzen und Kinder begeistern können für gelebten Glauben. Unsere Kinder/Jugendlichen sind die Zukunft…
Keine Gremien, Verbände, Schubladendenken, nur für die und nicht für die – EINE Gemeinde
Kirche- ein Ort wo Ruhe ist und ich abschalten kann
Eine Kirche, die Wärme ausstrahlt, ein Ort, an dem man sich austauscht
Eine Gemeinde als Ort, wo ich nicht aufgefordert werde etwas zu tun
Ein Gotteshaus, in dem Menschen sind, die sich begegnen und etwas erzählen
Eine Gemeinde sollte einen Mittelpunkt haben, wo auch alte Leute leben und wohnen können
Gemeinde heißt:
- Die Augen offen halten, wo kann ich helfen
- Caritas vor Ort
- Besuchsdienste, z.B. für eine alte Person an einem bestimmten Tag in der Woche
- Überforderten Eltern Hilfe anbieten
- 50+ Angebote
- Kein Überangebot
- Gute Vernetzung untereinander
- Es kommt nicht auf die Zahlen an
Wir wollen eine offene Gemeinde sein
Gemeinde soll zu den Menschen hingehen und nicht warten, dass sie kommen.
In einer Gemeinde soll man sich gegenseitig ernst nehmen und wertschätzen. Sie soll missionarisch und diakonisch sein.
Ein Schlüssel wie Gemeinde/Kirche sein kann könnten die sieben (neuen) Barmherzigkeiten sein
Kirche ist Gemeinschaft. Eine Gemeinde sollte alles tun was gemeinschaftsfördernd ist. In einer Gemeinschaft gibt es kein oben und unten.
Jeder bringt sich nach seinen Fähigkeiten ein
Wir sollten Mut haben aufeinander zuzugehen.
Wir wollen den Zusammenhalt fördern.
Wir wollen begeistern, nicht resignieren, auf den Menschen zugehen, eine frohe Botschaft vermitteln.
Mit neuen Ideen und Projekten wie sieben Werke der Barmherzigkeit können wir auch andere ansprechen.
Wir müssen eine lebendige Gemeinde sein. Die Beziehungen und Vernetzungen untereinander müssen intensiviert werden.
Mehr Mut zu neuen Aufbrüchen, auch Mut haben Dinge zu entrümpeln.
Trotzdem sollten einige Traditionen erhalten bleiben.
Eine Gemeinde soll nicht lebensfern sein, nah dran an den Menschen sein ist wichtig.
Geist des Miteinanders – Einer trage des andern Last
Die Kirche soll auf die Menschen zugehen.
Wir müssen uns öffnen für die Personen und Personengruppen, die nicht kirchlich gebunden sind.
Eine Kirche, die die Ökumene pflegt.
(Für die Arbeitskreise vor Ort, Annette Geers, Gemeindereferentin)
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Letzte Aktualisierung am 22.04.2013.
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